Ob eine Untersuchungsleistung von der GKV bezahlt wird oder nicht, hängt in unseren Beispielen häufig davon ab, ob ein begründeter Verdacht auf eine bestimmte Erkrankung vorliegt. Ist dies der Fall, dient die Untersuchung als Kassenleistung dem Ausschluss oder der Bestätigung der Diagnose. Andernfalls verfolgt sie das Ziel der Früherkennung oder Vorsorge und ist als IGeL vom Patienten selbst zu bezahlen.
Ein begründeter Verdacht besteht dann, wenn ein Patient bestimmte für eine Krankheit typische Krankheitszeichen (Symptome) oder Befunde aufweist. Fühlt der Arzt beispielsweise bei der Tastuntersuchung beim Mann harte Knoten im Bereich der Prostata, so besteht ein begründeter Verdacht auf einen Prostatakrebs. Eine PSA-Blutuntersuchung ist in diesem Fall eine Kassenleistung. Keine Kassenleistung ist sie hingegen, wenn Sie die PSA-Bestimmung „nur vorsichtshalber“ oder als Früherkennungstest durchführen lassen wollen. Bei vielen anderen Krankheiten ist es jedoch erheblich schwerer, einen begründeten Verdacht zu beschreiben, weil ihre Krankheitszeichen zu zahlreichen verschiedenen Erkrankungen passen. Wenn sich beispielsweise Ihre Haut gelblich verfärbt, wird der Arzt in der Regel den Verdacht auf eine Gelbsucht, das heißt, eine Leberentzündung haben und Ihre Leberwerte bestimmen. Dann übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Untersuchung. Wenn Sie aber beispielsweise zum Arzt gehen, weil Sie sich Sorgen wegen Ihres Alkoholkonsums machen und deshalb nachfragen, ob der Arzt vielleicht sicherheitshalber Ihre Leberwerte bestimmen könnte, ist die Situation weniger eindeutig. Viele Ärzte nehmen dann einen „begründeten Verdacht“ einfach als gegeben an und machen die Untersuchung auf Kosten der Krankenkasse. Wenn der Arzt Sie aber zum Beispiel nach der genauen Alkoholmenge pro Tag fragt und Sie keine typischen Beschwerden für einen alkoholbedingten Leberschaden haben, kann er auch zu dem Schluss kommen, dass die Bestimmung der Leberwerte medizinisch nicht nötig ist. Wenn Sie die Tests trotzdem wünschen, müssen Sie sie selbst bezahlen.
Daher besteht in vielen Fällen ein mehr oder weniger großer „Graubereich“, innerhalb dessen es der Erfahrung und dem Verantwortungsgefühl jedes einzelnen Arztes obliegt, eine Untersuchung durchzuführen oder zu unterlassen. Problematisch wird es dann, wenn einzelne Ärzte diesen Graubereich nicht nach medizinischen Kriterien, sondern vor allem nach ihren finanziellen Interessen interpretieren. Denn wenn Sie die Leistung privat bezahlen, bekommt der Arzt mehr Geld von Ihnen dafür, als wenn er sie über die Krankenkasse abrechnet. Das liegt an den unterschiedlichen Gebührenordnungen und Abrechnungsregeln für Kassenleistungen und Privatleistungen.