Glaukomvorsorge leicht im Minus

PRESSEMITTEILUNG DES MDS Essen, 26. Februar 2015

Sie gehört zu den häufigsten IGeL, doch ihr Nutzen ist nicht belegt: die Kombiuntersuchung aus Augenspiegelung und Messung des Augeninnendrucks zur Glaukomvorsorge.

Beim Glaukom, auch Grüner Star genannt, wird der Sehnerv allmählich immer weiter geschädigt, was anfangs unbemerkt bleibt. Etwa ein bis zwei Millionen Menschen in Deutschland sollen von einem Glaukom betroffen sein. Im schlimmsten Fall verlieren die Menschen sogar ihr Augenlicht. Um das zu verhindern, empfehlen Augenärztinnen und Augenärzte vor allem eine Kombinationsuntersuchung aus Augenspiegelung, fachsprachlich Ophthalmoskopie, und einer Messung des Augeninnendrucks, fachsprachlich Tonometrie. Die Untersuchungen kosten in der Regel 20 bis 40 Euro.

Bei der Augenspiegelung wird untersucht, ob der Sehnerv bereits geschädigt ist. Bei der Messung des Augeninnendrucks, wird, wie der Name schon sagt, gemessen, ob der Druck im Auge erhöht ist. Die Augeninnendruckmessung alleine ist nicht aussagekräftig, weil ein Glaukom auch ohne erhöhten Druck entstehen kann und auch ein erhöhter Druck nicht immer mit einem Glaukom einhergeht. Zu diesem Schluss kam der IGeL-Monitor bereits in einer früheren Bewertung.

Aber wie steht es um die Früherkennung mit beiden Untersuchungen, wie sie auch der Fachverband der Augenärztinnen und Augenärzte (DOG) empfiehlt? Das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors fand keine Studien, die der Frage nachgegangen wären, ob eine Kombiuntersuchung am Ende wirklich die Sehkraft der Glaukom-Patientinnen und Patienten erhalten kann. Es wurden auch keine Studien zu der Frage ausgemacht, wie zuverlässig frühe Glaukome gefunden werden können. Es gibt aus Sicht des IGeL-Monitors deshalb keine wissenschaftlich ausreichend begründeten Hinweise auf einen Nutzen – allerdings auch keine Hinweise darauf, dass dieser Nutzen nicht existiert.

Und mögliche Schäden? Bei den Untersuchungen können die Augen gereizt und die Hornhaut leicht abgeschürft werden. Ein weiteres Problem sind die indirekten Schäden, die jede Früherkennungsuntersuchung zwangsläufig mit sich bringt. So kann sich ein Verdacht auf ein Glaukom später als unbegründet herausstellen, und die Menschen haben unnötige Sorgen und Ängste ausgestanden und sind unnötig weiter untersucht worden. Umgekehrt können Menschen als gesund angesehen werden, die in Wahrheit bereits ein Glaukom haben. Sie nehmen dann Warnzeichen vielleicht nicht ernst genug. Und schließlich kann es sein, dass Menschen mit Glaukom behandelt werden, ohne dass es ihnen einen Nutzen bringt. Die Nebenwirkungen etwa von Medikamente, die den Augendruck senken sollen, müssen sie trotzdem in Kauf nehmen. Wie häufig und gravierend vor allem indirekte Schäden sind, kann aufgrund fehlender Studien nicht beantwortet werden. Insgesamt sehen wir deshalb keine Belege , aber doch zumindest Hinweise auf mögliche Schäden.

Das Team des IGeL-Monitors kommt also zu dem Schluss, dass man nicht weiß, ob es einen Nutzen gibt, und man weiß nicht, wie groß und häufig Schäden sind. Die Bewertung der Augenspiegelung mit Messung des Augeninnendrucks zur Glaukom-Früherkennung“ fällt deshalb in der Nutzen - Schaden -Bilanzierung insgesamt „tendenziell negativ“ aus.

Hintergrund:

Unter www.igel-monitor.de erhalten Versicherte evidenzbasierte Bewertungen zu sogenannten "Selbstzahlerleistungen". Entwickelt wurde die nicht-kommerzielle Internetplattform vom Medizinischen Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) . Der MDS berät den GKV-Spitzenverband in allen medizinischen und pflegerischen Fragen, die diesem qua Gesetz zugewiesen sind.

Die IGeL „Augenspiegelung mit Messung des Augeninnendrucks zur Glaukom-Früherkennung“ ist die 37. Leistung, die im IGeL-Monitor bislang bewertet und beschrieben wurde. Die Verteilung im Überblick:

  • „positiv“ 0
  • „tendenziell positiv“  4
  • „unklar“ 13
  • „tendenziell negativ“ 12
  • „negativ“ 4

4 IGeL wurden nicht bewertet, sondern nur beschrieben. 

Pressekontakt:

IGeL-Monitor
Dr. Christian Weymayr
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