Biofeedback-Therapie bei Migräne

Kann eine Biofeedback-Therapie Migräneanfällen vorbeugen oder bei einem akuten Migräneanfall die Symptome lindern?

Frau fasst sich mit beiden Händen an die Schläfe Bild: CoffeeAndMilk/iStock

IGeL-Info kompakt

IGeL-Steckbrief
Fachgebiete Allgemeinmedizin , Psychiatrie und Psychotherapie , Neurologie
Bereich Kopf und Gehirn
Anlass

Migräne

Verfahren

Verhaltenstraining

Kosten

für eine mindestens 20-minütige Sitzung je nach Aufwand zwischen 17 und 63 Euro.

GKV-Leistung

Behandlung mit Medikamenten, teilweise psychotherapeutische Verfahren.

Wir bewerten die Biofeedback-Therapie bei Migräne als „unklar“.

Migräne ist eine der häufigsten Kopfschmerzarten. Fast ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland gibt an, darunter zu leiden. Bei der Migräne kommt es zu wiederkehrenden Kopfschmerzattacken, die bis zu 72 Stunden anhalten können. Typischerweise haben die Betroffenen mäßige bis starke, einseitig pulsierende Schmerzen, die durch körperliche Aktivität verstärkt werden. Häufig gehen sie mit Übelkeit oder Empfindlichkeit gegenüber Licht und Lärm einher. In medizinischen Leitlinien werden verschiedene Maßnahmen empfohlen, um Migräneanfällen vorzubeugen. Das können vorbeugende Medikamente sein, aber auch nicht-medikamentöse Verfahren wie Entspannungstechniken, Biofeedback, Verhaltenstherapie, Akupunktur und Ausdauersport.

Die Biofeedback-Therapie ist eine Entspannungstechnik, mit deren Hilfe Patientinnen und Patienten lernen sollen, unbewusst ablaufende Körpervorgänge aktiv zu beeinflussen. So lernen sie beispielsweise, mittels bestimmter Entspannungs-Übungen, ihre Hände zu erwärmen oder Blutgefäße in bestimmten Körperregionen zu verengen. Über elektronische Messgeräte erhalten sie eine hör-, sicht- oder fühlbare Rückmeldung (englisch: Feedback), wie gut dies gelingt. Die Biofeedback-Therapie ist grundsätzlich eine IGeL. Sie ist in der Gebührenordnung für Ärztinnen und Ärzte (GOÄ) gelistet. Danach kostet eine mindestens zwanzigminütige Sitzung je nach Aufwand zwischen 17 und 63 Euro bei einfacher Abrechnung. Der IGeL-Monitor wollte wissen, welchen Nutzen und Schaden die Biofeedback-Therapie hat, einmal zur Migränevorbeugung, aber auch zur Linderung von Symptomen bei einer akuten Migräneattacke. Was die Vorbeugung von Migräne betrifft, wurden zwar Studien gefunden, die das untersucht haben. Allerdings ließ sich daraus kein Nutzen ableiten, weil die Ergebnisse der Studien nicht aussagekräftig sind. Ob die Biofeedback-Therapie in einer akuten Migräneattacke helfen kann, die Symptome zu lindern, konnte nicht ermittelt werden, weil zu dieser Fragestellung keine Studien gefunden wurden. Hinweise darauf, welche möglichen Schäden nach einer Biofeedback-Therapie auftreten können, gibt es nicht.

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IGeL-Info ausführlich

IGeL-Steckbrief
Fachgebiete Allgemeinmedizin , Psychiatrie und Psychotherapie , Neurologie
Bereich Kopf und Gehirn
Anlass

Migräne

Verfahren

Verhaltenstraining

Kosten

für eine mindestens 20-minütige Sitzung je nach Aufwand zwischen 17 und 63 Euro.

GKV-Leistung

Behandlung mit Medikamenten, teilweise psychotherapeutische Verfahren.

IGeL

Biofeedback ist eine empirische, wissenschaftliche Methode, bei der körpereigene, biologische Vorgänge mit technischen, oft elektronischen Hilfsmitteln sicht-, fühl- oder hörbar gemacht werden. Patientinnen und Patienten sollen mit dieser Methode lernen, unbewusst ablaufende Körpervorgänge aktiv zu beeinflussen. Die Einsatzmöglichkeiten dieses Verfahrens sind vielfältig. Häufig wird es zur Entspannung eingesetzt, aber auch zur Rehabilitation, beispielsweise von erlahmten Muskeln.

Ärztliche Praxen bieten die Biofeedback-Therapie auch an, um Migräneanfällen vorzubeugen oder die Symptome akuter Migräneattacken zu lindern. Auch in medizinischen Leitlinien wird neben der Einnahme von Medikamenten und anderen Verfahren wie Verhaltenstherapie, Akupunktur oder Ausdauersport die Biofeedback-Therapie empfohlen. Die Behandlung der Migräne mit Medikamenten wird von den Krankenkassen bezahlt. Die Biofeedback-Therapie ist grundsätzlich eine IGeL. Sie ist in der Gebührenordnung für Ärztinnen und Ärzte (GOÄ) gelistet. Danach kostet eine mindestens zwanzigminütige Sitzung je nach Aufwand zwischen 17 und 63 Euro bei einfacher Abrechnung. (Regelhöchstsatz: 60 Euro bzw. 220 Euro).

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Gesundheitsproblem

Migräne ist eine der häufigsten Kopfschmerzarten. Fast ein Viertel der erwachsenen Menschen in Deutschland gibt an, darunter zu leiden. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, jüngere Menschen häufiger als ältere. Migräne kann den Alltag der Betroffenen stark einschränken. Typisch für eine Migräne sind mäßige bis starke, pochende oder pulsierende Kopfschmerzen. Oft treten sie nur auf einer Seite des Kopfes auf und können bis zu 72 Stunden lang anhalten. Körperliche Aktivität kann die Schmerzen verstärken. Die Kopfschmerzen können mit Übelkeit und Erbrechen einhergehen. Manche Betroffene sind während eines Migräneanfalls zudem besonders licht- oder lärmempfindlich. In den meisten Fällen liegt eine episodische Migräne vor. Dabei kommt es in unterschiedlich großen Abständen zu wiederkehrenden Attacken. Von einer chronischen Migräne spricht man, wenn Kopfschmerzen über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten an 15 Tagen oder mehr pro Monat auftreten. Die genauen Ursachen von Migräne sind nicht bekannt. Sowohl eine genetische Veranlagung als auch Umwelteinflüsse wie Stress, Ernährung oder das Wetter scheinen eine Rolle zu spielen.

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Methode

Biofeedback ist ein Behandlungsverfahren aus der Verhaltenstherapie. Patientinnen und Patienten sollen lernen, unbewusst ablaufende Körpervorgänge aktiv zu steuern. Körper-Reaktionen oder bestimmte Krankheitssymptome sollen so gezielt positiv beeinflusst werden. So lernen Personen beispielsweise, mittels bestimmter Entspannungs-Übungen ihre Hände zu erwärmen und erhalten über die Biofeedback-Verfahren eine Rückmeldung, wie gut dies gelingt. Dafür erfassen Mess- oder Monitoring-Geräte die Körpervorgänge (hier: die Temperaturerhöhung der Hände) und machen sie für Betroffenen hör-, sicht- oder fühlbar (Feedback, deutsch: Rückmeldung).

Biofeedback wird sowohl in der Schul- als auch in der sogenannten Alternativmedizin zur Behandlung der Migräne eingesetzt. Zur Anwendung kommen beispielsweise das Blut-Volumen-Puls-Biofeedback (Vasokonstriktionstraining), das Handerwärmungstraining (thermales Biofeedback), das Herzfrequenzvariabilität-Biofeedback (Heartrate Variability Biofeedback, HRV) oder die Kontrolle von Muskelaktivität (elektromyographisches Biofeedback, EMG).

Beim Blut-Volumen-Puls-Biofeedback soll erreicht werden, die für den Migräne-Kopfschmerz verantwortlichen erweiterten Blutgefäße zusammenzuziehen und zu verengen. Beim Handerwärmungstraining wird versucht, die Temperatur der Handinnenflächen zu regulieren, um so in einen Entspannungszustand zu gelangen. Auch das Herzfrequenzvariabilität-Biofeedback zielt auf Entspannung und Beruhigung ab, indem trainiert wird, den Pulsschlag aktiv zu beeinflussen. Beim EMG-Biofeedback wird den Patientinnen und Patienten die eigene Muskelanspannung zurückgemeldet. Ziel ist auch hier, muskuläre Prozesse zu kontrollieren und eine Muskelentspannung herbeizuführen.

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Empfehlungen anderer

Das Team des IGeL-Monitors ist der Frage nachgegangen, wie internationale medizinische Fachgesellschaften Biofeedbackverfahren zur Vorbeugung oder zur Behandlung von Migräneanfällen beurteilen. Die Leitlinien geben unterschiedliche Empfehlungen.

Eine nicht- evidenzbasierte Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (in Zusammenarbeit mit der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft) empfiehlt die Biofeedback-Therapie zur Vorbeugung von Migräneattacken, entweder in Ergänzung zu vorbeugenden Medikamenten oder anstatt der medikamentösen Prophylaxe. Zur Behandlung einer akuten Migräneattacke empfiehlt die Leitlinie das Blut-Volumen-Puls-Biofeed­back, das zu einer Verengung der verantwortlichen Blutgefäße führen soll.

In den Leitlinien anderer internationaler Fachgesellschaften hingegen gibt es keine Empfehlungen zu Biofeedback-Verfahren, weder zur Vorbeugung noch zur Behandlung, so eine Leitlinie der britischen Gesundheitsbehörde National Institute for Health and Care Excellence ( NICE ), oder die Migräne- Leitlinie des US-amerikanischen Gesundheitsinstituts Agency for Healthcare Research and Quality ( AHRQ ).

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Bewertung

Wirkung

Das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors hat in unterschiedlichen Datenbanken nach systematischen Übersichtsarbeiten und relevanten Einzelstudien gesucht, um zwei Fragen zu beantworten: Kann eine vorbeugende Behandlung mittels Biofeedback bei Patientinnen und Patienten mit wiederkehrender Migräne die Anzahl von Migräneattacken verringern und welche möglichen Schäden können dabei auftreten? Kann eine Biofeedback-Behandlung bei einer akuten Migräne-Attacke helfen, die Symptome zu lindern und welche möglichen Schäden können dabei auftreten?

Das IGeL-Team fand drei systematische Übersichtsarbeiten , die allerdings nicht im Gesamten genutzt werden konnten. Die Gründe sind vielfältig: Sei es, dass die Biofeedback-Therapie nicht einzeln, sondern nur als Teil einer kognitiven Verhaltenstherapie untersucht wurde, oder die Untersuchung nur an Kindern und nicht an Erwachsenen gemacht wurde, oder dass bei den Untersuchungen die Migräne nicht separat, sondern zusammen mit dem Spannungskopfschmerz betrachtet wurde.

Neben den systematischen Übersichtsarbeiten fand das IGeL-Team drei Einzelstudien, die die Behandlung zur Vorbeugung von Migräne erforscht haben. Es wurden unterschiedliche Biofeedback-Verfahren untersucht, in einer Studie wurde das Biofeedbackverfahren mit der Gabe von Medikamenten verglichen, in einer anderen Studie mit einer Nicht-Behandlung, eine dritte Studie untersuchte die Biofeedback-Therapie als Ergänzung zu vorbeugenden Medikamenten. Zudem wurden die Studien mit nur wenigen Probandinnen und Probanden durchgeführt und das über einen nur kurzen Zeitraum. Insgesamt bescheinigt das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors den Studien ein hohen Verzerrungspotenzial und eine geringe Aussagesicherheit.

Zur Biofeedback-Therapie bei der Behandlung von akuten Migräneattacken konnten keine Studien ermittelt werden.

Nutzen

Eine Biofeedback-Therapie zur Vorbeugung von Migräne wäre nützlich, wenn sie zu weniger Migräneanfällen, zu einer Linderung der Beschwerden oder zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen würde.

Aufgrund der geringen Aussagesicherheit der relevanten Einzelstudien kann kein Nutzen der Biofeedbacktherapie zur Vorbeugung von Migräneattacken abgeleitet werden.

Zur Anwendung von Biofeedback bei akuten Migräneanfällen fanden sich keine Studien, so dass keine Aussagen zum Nutzen für diese Fragestellung möglich sind.

Schaden

Eine Biofeedback-Therapie zur Vorbeugung von Migräne wäre schädlich, wenn durch die Behandlung Nebenwirkungen auftreten würden oder die Lebensqualität beeinträchtigt würde.

Auch eine Schadens bewertung ist aufgrund des hohen Verzerrungspotenzials und der geringen Aussagesicherheit der eingeschlossenen Studien nicht möglich.

Eine Einzelstudie, die die Biofeedback-Therapie mit der Einnahme von vorbeugenden Medikamenten vergleicht, kommt zu dem Schluss, dass von den Medikamenten ein höheres Risiko ausgeht, Nebenwirkungen zu bekommen als von der Biofeedback-Therapie. Aber auch diese Studie entspricht nicht den Qualitätsstandards, die der IGeL-Monitor zu Grunde legt. Insgesamt sehen wir daher keine Hinweise auf einen höheren oder geringeren Schaden des Biofeedbacks.

Zur Anwendung von Biofeedback bei akuten Migräneanfällen fanden sich keine Studien, so dass keine Aussagen zum Schaden für diese Fragestellung möglich sind.

Fazit

Wir bewerten die Biofeedback-Therapie zur Migräneprophylaxe oder zur Behandlung einer akuten Migräneattacke als „unklar“.

Zum Nutzen und Schaden von Biofeedback konnten aus der verfügbaren Evidenz – wie auch in der ersten IGeL-Bewertung 2012 – keine eindeutigen Aussagen abgeleitet werden. Das gilt sowohl beim Biofeedback zur Anfallsprophylaxe bei Patientinnen und Patienten mit episodischer oder chronischer Migräne als auch zur Behandlung eines akuten Migräneanfalls.

Unklar bedeutet für die Migräneprophylaxe, dass die geringe Aussagesicherheit der gefundenen Studien keine Nutzen - und Schadens bewertung zulässt. Für Biofeedback als Akutbehandlung wurden weder systematische Übersichten noch Primärstudien zur Nutzen- oder Schadensableitung gefunden.

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Biofeedback-Therapie bei Migräne

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Allgemeine Informationen zu dieser IGeL

  • Migräne: eine der häufigsten Kopfschmerzarten, wiederkehrende Kopfschmerz-Attacken, die bis zu 72 Stunden anhalten können.
  • Häufig gehen sie mit Übelkeit oder Empfind­lichkeit gegenüber Licht und Lärm einher.
  • Biofeedback ist eine Entspannungstechnik. Unbewusst ablaufende Körpervorgänge sollen aktiv beeinflusst werden, beispielsweise, um die Hände zu erwärmen, den Puls zu regulieren oder bestimmte Gefäße zu verengen. Über elek-tronische Messgeräte erhält man eine hör-, sicht- oder fühlbare Rückmeldung (engl.: Feedback), wie gut dies gelingt.
  • Kosten: für eine mindestens 20-minütige Sitzung je nach Aufwand zwischen 17 und 63 Euro.
  • Das bezahlen die Krankenkassen (GKV): Behandlung mit Medikamenten, teilweise psychotherapeutische Verfahren.

Was sagt der IGeL-Monitor über den Nutzen?

  • Biofeedback soll Migräneanfällen vorbeugen oder sie abschwächen.
  • Studien vergleichen Biofeedback mit medika-mentöser Behandlung, mit Nicht-Behandlung oder als Ergänzung zu Medikamenten.
  • In einer Studie weniger Nebenwirkungen im Vergleich zu medikamentöser Behandlung. Aber: Die Studien haben ein hohes Verzerrungs-potenzial und eine geringe Aussagesicherheit, daher ist kein eindeutiger Nutzen ableitbar.
  • Hauptgründe: Die Studienteilnehmenden waren nicht verblindet und haben die Angaben zu den Endpunkten selbst gemacht; keine Angaben zu erlaubten Begleittherapien, kurze Studiendauer, kleine Studien.
  • Studien zur Behandlung bei einem akuten Migräneanfall konnten nicht ermittelt werden.

Was sagt der IGeL-Monitor über den Schaden?

  • Keine Hinweise auf Schäden.
  • In einer Studie weniger Nebenwirkungen im Vergleich zu medikamentöser Behandlung. Aber: Die Studien haben ein hohes Verzerrungs-potential und eine geringe Aussagesicherheit. Daher ist auch kein geringerer Schaden ableitbar.

Was meint der IGeL-Monitor?

  • Unsere Bewertung lautet „unklar“.
  • Aus den Studien konnten keine Aussagen zu Nutzen und Schaden abgeleitet werden.
  • Das gilt sowohl zur Vorbeugung von episodischer oder chronischer Migräne als auch bei der Behandlung eines akuten Migräneanfalls.

Woher weiß der IGeL-Monitor das?

  • Analyse der internationalen Forschungs-ergebnisse durch das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors.
  • Detaillierte Informationen zur Analyse unter www.igel-monitor.de.

Was ist der IGeL-Monitor?

  • Der IGeL-Monitor analysiert Nutzen und Schaden von IGeL (auch „Selbstzahlerleistungen“), damit Versicherte sich informieren können.
  • Träger: Medizinischer Dienst Bund (KöR)

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