Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung

Hilft die Ultraschalluntersuchung, Krebserkrankungen der Eierstöcke frühzeitig zu erkennen und die Lebensdauer betroffener Frauen zu verlängern?

Ärztin mit Ultraschallgerät

IGeL-Info kompakt

IGeL-Steckbrief
Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Bereich Geschlechtsorgane der Frau
Anlass

Früherkennung von Eierstockkrebs

Verfahren

Ultraschall eines Organs

Kosten

Ultraschall nur der Eierstöcke zwischen 25 und 53 Euro

GKV-Leistung

Jährliches Abtasten des Unterleibs ab dem 20. Lebensjahr zur Krebsfrüherkennung; Ultraschall und andere Untersuchungen bei konkretem Verdacht auf Eierstockkrebs

Einen Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung bewerten wir nach einer aktualisierten Recherche erneut mit „negativ“.

Eierstockkrebs, auch Ovarialkarzinom, ist die zweithäufigste bösartige Erkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane, in drei Prozent aller Krebsneuerkrankungen bei Frauen handelt es sich um Eierstockkrebs. Insgesamt erkranken etwa 13 von 1000 Frauen im Laufe ihres Lebens daran.

Zur Früherkennung wird von den gesetzlichen Krankenkassen ein jährliches Abtasten ab dem 20. Lebensjahr bezahlt. Frauenärzte bieten darüber hinaus Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke an, oft im Rahmen einer „gynäkologischen Krebsvorsorge“ oder eines „Sono-Checks“. Oft wird bei der Ultraschalluntersuchung durch die Scheide noch die Gebärmutter mituntersucht. Besteht ein Verdacht auf Eierstockkrebs, ist der Ultraschall eine Kassenleistung. Ohne konkreten Verdacht ist es eine IGeL und kostet für beide Eierstöcke zwischen 25 und 53 Euro.

Im IGeL-Report 2018 sowie 2020 wurden die Untersuchungen „Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung“ sowie „Ultraschall (transvaginal) des Bauchraums“ beide unter den TOP 5 der häufigsten IGeL genannt.

Eine hochwertige Studienübersicht von 2018 sowie Langzeitergebnisse einer der wesentlichen Studien zu diesem Thema bestätigen die Ergebnisse vorangegangener Veröffentlichungen: Mit Ultraschalluntersuchung (auch in Kombination mit Tumormarkern) sterben gleich viele Frauen an Eierstockkrebs wie ohne Untersuchung. Außerdem werden Frauen durch falsch positive Ergebnisse häufig unnötig beunruhigt, bei etwa drei von hundert Frauen werden gesunde, nicht krebserkrankte Eierstöcke entfernt. Auch ärztliche Fachgesellschaften raten davon ab, diese Früherkennungsuntersuchung bei Frauen ohne jegliche Symptome und ohne erbliche Vorbelastung durchzuführen.

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Bild: Mariakray / iStock
https://www.igel-monitor.de/igel-a-z/igel/show/ultraschall-der-eierstoecke-zur-krebsfrueherkennung.html

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Bereich Geschlechtsorgane der Frau
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Früherkennung von Eierstockkrebs

Verfahren

Ultraschall eines Organs

Kosten

Ultraschall nur der Eierstöcke zwischen 25 und 53 Euro

GKV-Leistung

Jährliches Abtasten des Unterleibs ab dem 20. Lebensjahr zur Krebsfrüherkennung; Ultraschall und andere Untersuchungen bei konkretem Verdacht auf Eierstockkrebs

IGeL

Ab dem Alter von 20 Jahren kann jede Frau eine gynäkologische Untersuchung des Unterbauchs und des Beckenraums zur Krebsfrüherkennung in Anspruch nehmen. Ergänzend dazu bieten viele Frauenärztinnen und Frauenärzte einen transvaginalen (durch die Scheide durchgeführten) Ultraschall als IGeL an. Die Untersuchung soll eine genauere Früherkennung von bösartigen Tumoren ermöglichen als eine Tastuntersuchung und die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) allein. Gelegentlich werden auch verschiedene Bluttests, beispielsweise der Test auf den Tumormarker CA-125 angeboten.

Bei Verdacht ist die Ultraschalluntersuchung eine wichtige Diagnosemethode und wird deshalb von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Frauenärzte bieten Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke oft im Rahmen einer „gynäkologischen Krebsvorsorge“, „großen Krebsvorsorge für die Frau“ oder eines „Sono-Checks“ an. Oft wird bei der Ultraschalluntersuchung durch die Scheide noch die Gebärmutter mituntersucht. Wenn nur die Eierstöcke untersucht werden, kostet der Ultraschall in der Regel zwischen 25 und 53 Euro.

Die Ultraschallunter­suchung zur Früherkennung von Gebärmutterkörperkrebs (Endometriumkarzinom) wird im IGeL-Monitor separat bewertet: Ultraschall zur Früherkennung von Krebserkrankungen des Gebärmutterkörpers.

Eine stichprobenartige Recherche des IGeL-Monitor-Teams auf Webseiten von gynäkologischen Praxen im August 2020 ergab, dass von 50 Praxen 47 den transvaginalen Ultraschall zur Krebsfrüherkennung anbieten. Etwa ein Viertel der 50 Praxen empfehlen die Untersuchung explizit für alle Frauen zur Krebsfrüherkennung oder nennen sie sinnvoll. Fast die Hälfte der Praxen stellen ausschließlich den aus ihrer Sicht bestehenden Nutzen der Untersuchung dar, nicht aber mögliche Schäden. Etwas mehr als ein Viertel der Praxen listen die Leistung lediglich auf, ohne auf Vor- und Nachteile näher einzugehen.

Im IGeL-Report 2018 sowie 2020 wurden die Untersuchungen „Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung“ sowie „Ultraschall (transvaginal) des Bauchraums“ beide unter den TOP 5 der häufigsten IGeL genannt. Die Befragung von 2020 ergab, dass auch jüngeren Frauen Ultraschalluntersuchungen als Krebsfrüh­erken­nung angeboten werden, obwohl sie offensichtlich nicht zur Risikogruppe gehören.

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Gesundheitsproblem

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 7.300 Frauen an Eierstockkrebs, umgerechnet heißt das, dass etwa eine von 75 Frauen im Laufe ihres Lebens an Eierstockkrebs erkrankt. Das durchschnittliche Alter der Diagnosestellung ist 68 Jahre. Die wichtigsten Risikofaktoren sind hohes Alter oder erbliche Veränderungen in bestimmten Genen. Aber auch Übergewicht, Kinderlosigkeit, oder eine Hormonersatztherapie in den Wechseljahren können das Risiko erhöhen, an Eierstockkrebs zu erkranken.

Die Ultraschalluntersuchung gilt als das wichtigste Verfahren, einem Krebsverdacht nachzugehen. Wenn eine krebsverdächtige Stelle im Ultraschall entdeckt worden ist, schließt das zunächst weitere Untersuchungen an, um den Tumorverdacht zu bestätigen und gegebenenfalls die Ausbreitung des Tumors festzustellen. Um eine eindeutige Diagnose zu stellen, muss das Gewebe jedoch unter dem Mikroskop begutachtet werden. Dazu ist eine Operation erforderlich, bei der der verdächtige Eierstock häufig entfernt werden muss.  Stellt sich dabei der ursprünglich auffällige Befund als Fehlalarm heraus, ist der Eierstock unnötig entfernt worden.

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Methode

Mithilfe von Ultraschall lassen sich Organe im Körperinneren darstellen, und zwar schnell, einfach, nebenwirkungsarm, strahlungsfrei und kostengünstig. Körperstrukturen wie Organe oder Blutgefäße werden sichtbar gemacht. Dazu werden Schallwellen ausgesendet und von den verschiedenen Geweben unterschiedlich stark reflektiert. Aus den zurückgesendeten Schallwellen wird nahezu in Echtzeit ein zweidimensionales Bild berechnet. Ultraschall dient bei verschiedenen Beschwerden zu einer ersten schnellen Orientierung, als zusätzliche Diagnosemethode, zur räumlichen Kontrolle bei Gewebeentnahmen und zur Nachsorge.

Je näher der Schallkopf an das Organ herangebracht wird, das untersucht werden soll, desto exakter kann es dargestellt werden. Deshalb kommt zur Früherkennung aller Erkrankungen der weiblichen, inneren Geschlechtsorgane der transvaginale Ultraschall häufig zum Einsatz.

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Empfehlungen anderer

In allen Behandlungsleitlinien, die das Team des IGeL-Monitors zurate gezogen hat, sei es z.B. von der Deutschen Krebsgesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe oder internationalen Fachverbänden, wird übereinstimmend davon abgeraten, bei Frauen ohne Krankheitsverdacht oder erblichen Veränderungen in bestimmten Genen eine solche Untersuchung durchzuführen.

Die internationale Gesundheitsinitiative Choosing Wisely, die sich gegen unnötige Gesundheitsversorgung und Überversorgung richtet, listet den Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung unter den Maßnahmen, die unterlassen bzw. kritisch hinterfragt werden sollen.

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Bewertung

Nutzen

Ein Nutzen für Patientinnen wäre gegeben, wenn die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke bei Frauen ohne Symptome und erbliche Vorbelastung frühzeitig eine Krebserkrankung entdecken würde, und wenn eine früher einsetzende Therapie das Leben der Patientinnen verlängern oder ihre Lebensqualität verbessern würde.

Zu dieser Fragestellung fand das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors – nach den vorangegangenen Recherchen 2012 und 2014 – eine aktuelle, hochwertige Studienübersicht , die alle Bewertungskriterien berücksichtigt. Darüber hinaus wurde 2021 die weltweit größte Studie zur Früherkennung von Krebserkrankungen in den Eierstöcken und Eileitern abgeschlossen, das „UK Collaborative Trial of Ovarian Cancer Screening “ (UKCTOCS).

Wichtigstes Ergebnis: Egal, wie die Frauen untersucht worden sind (alleiniger Ultraschall, Ultraschall in Kombination mit Tumormarker oder gar keine Untersuchung in der Kontrollgruppe ), die Sterblichkeit allgemein sowie speziell an Eierstockkrebs war bei allen Gruppen nahezu identisch. Trotz der Früherkennungsuntersuchung starben also nicht weniger Frauen als ohne Untersuchung.
Der Abschlussbericht des UKCTOCS beschreibt, dass die krebsspezifischen Sterblichkeit auch nach 16 Jahren Studien dauer nicht nachweisbar zurückgegangen sei.

Auch eine früher einsetzende Therapie hatte bei den Studien teilnehmerinnen verglichen mit der Kontrollgruppe keinen Einfluss auf die Sterblichkeit . Das Leben der Patientinnen konnte durch eine Therapie-Vorverlagerung nicht verlängert werden.

Aus diesem Grund sieht das IGeL-Team keine Hinweise auf einen Nutzen für die Patientinnen.

Schaden

Eine Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke wäre schädlich, wenn sich dadurch die Gesundheit oder das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten verschlechtern würde.

Schäden durch den Ultraschall sind bei sachgemäßer Handhabung dabei nicht zu erwarten.

Die Studien zeigen aber, dass es bei der Ultraschalluntersuchung immer wieder zu positiven Befunden kommt, die sich im Nachhinein nicht als Krebserkrankung bestätigen – sogenannten falsch positiven Befunden. Ein positiver Befund zieht in der Regel einen chirurgischen Eingriff nach sich, um das Gewebe direkt unter dem Mikroskop begutachten zu können. In vielen Fällen wird somit der verdächtige Eierstock entfernt, einmal mit der Folge, dass es bei dem Eingriff zu Komplikationen kommen kann. Aber auch mit dem Resultat, dass sich der Befund als falsch positiv herausstellt. In dem Fall ist der Eierstock unnötig entfernt worden.

Mehrere Studien gelangen zu dem Ergebnis, dass bei etwa drei von hundert Frauen gesunde Eierstöcke entfernt werden. Bei drei von zwanzig solcher chirurgischen Eingriffe kommt es darüber hinaus zu Komplikation.

Das IGeL-Team sieht in diesen Studienergebnisse n Belege für Schäden für die Patientinnen.

Fazit

Den Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung bewerten wir nach einer erneuten Literaturrecherche mit „negativ“.

Die Ergebnisse der zurate gezogenen Studien zeigen, dass es keine Hinweise auf einen Nutzen der Früherkennungskonzepte gibt.

Demgegenüber steht, dass aufgrund der Untersuchung Frauen unnötig beunruhigt werden und es zu einer unnötigen Entfernung der Eierstöcke und Komplikationen bei den Operationen kommen kann.

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Merkblatt für das Praxisgespräch

Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung

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Allgemeine Informationen zu dieser IGeL

  • Jährlich erkranken etwa 7.500 Frauen an Eierstockkrebs, dem Ovarialkarzinom.
  • Anfangs meist keine Beschwerden.
  • Durchschnittsalter bei Diagnose ist 68 Jahre.
  • Ultraschall ist eine bildgebende, risikoarme Untersuchung ohne Strahlung.
  • Zur Untersuchung der weiblichen Geschlechtsorgane findet der Ultraschall transvaginal statt, das heißt: durch die Scheide.
  • Oft wird bei dem Ultraschall noch die Gebärmutter mit untersucht.
  • Kosten bei alleinigem Ultraschall der Eierstöcke 25 und 53 Euro.
  • Das bezahlt die Krankenkasse (GKV): Ab dem Alter von 20 Jahren eine gynäkologische Abtast-Untersuchung des Unterbauchs und des Beckenraums, Ultraschall bei Verdacht.

Was sagt der IGeL-Monitor über den Nutzen?

  • Das Team des IGeL-Monitors wollte wissen, ob ein Ovarialkarzinom mittels Ultraschall bei Frauen ohne Krankheitsverdacht frühzeitig erkannt werden kann und ob eine frühe Behandlung erfolgreicher ist als eine spätere.
  • Aktuelle Studien und Langzeitergebnisse älterer Studien zeigen, dass mit Früherkennung gleich viele Frauen an Eierstockkrebs sterben wie ohne Früherkennung.
  • Deshalb keine Hinweise auf einen Nutzen.

Was sagt der IGeL-Monitor über den Schaden?

  • Direkte Schäden durch transvaginalen Ultraschall sind nicht zu erwarten.
  • Viele „Fehlalarme“, Folgeuntersuchungen und psychische Belastung einer Krebsdiagnose, Übertherapien, bei denen gesunde Eierstöcke entfernt werden.
  • Deshalb sehen wir Belege für Schäden.

Was meint der IGeL-Monitor?

  • Die Bewertung lautet „negativ“.
  • Nutzen der Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung eines Ovarialkarzinom nicht erkennbar, aber Belege für Schäden.

Woher weiß der IGeL-Monitor das?

  • Recherche und Analyse der internationalen Forschungsliteratur durch das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors.
  • Detaillierte Informationen zur Analyse unter www.igel-monitor.de.

Was ist der IGeL-Monitor?

  • Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysieren Nutzen und Schaden von IGeL („Selbstzahlerleistungen“), damit Versicherte sich informieren können.
  • Träger: MDS (Medizinischer Dienst des GKV-Spitzenverbandes)

 

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