Behandlung von Long- und Post-COVID: Keine Hinweise auf Nutzen von H.E.L.P.-Apherese („Blutwäsche“) und Hyperbarer Sauerstofftherapie

PRESSEMITTEILUNG DES MEDIZINISCHEN DIENSTES BUND Berlin/Essen, 27. April 2023

Das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors hat die beiden IGeL „H.E.L.P.-Apherese“ und „Hyperbare Sauerstofftherapie“ zur Behandlung von Long-/Post-COVID-Erkrankten jeweils mit „un­klar“ bewertet. Zu dem Apherese-Verfahren liegen keine Studien daten vor, für die Hyperbare Sauer­stoff­therapie wurde eine Studie ermittelt, aus der jedoch kein Nutzen abgeleitet werden konnte.

Die H.E.L.P.-Apherese – im Volksmund auch „Blutwäsche“ genannt – ist ein Verfahren, bei dem Blut außerhalb des Körpers in einer Maschine gefiltert wird. Es wird unter anderem bei bestimmten Fettstoff­wechsel­störungen eingesetzt, aber auch als Selbstzahlerleistung (IGeL) angeboten, um die Symptome von Long-/Post-COVID-Erkrank­ten zu lindern. Studien zu diesem Verfahren bei Long-/Post-COVID gibt es nicht, deshalb auch keine Hinweise auf einen möglichen Nutzen bei diesem Krankheitsbild. Studien zu diesem Verfahren bei anderen Erkrankungen haben das Risiko von milden bis mittelschweren Nebenwirkungen ergeben. Es ist unklar, ob sich dieses Ergebnis auf die Anwendung bei Long-/Post-COVID-Erkrankten übertragen lässt. Auch laufende aktuelle Studien wurden nicht gefunden, so dass es für dieses Verfahren vermutlich in nächster Zeit keine Evidenz geben wird.

Bei der Hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO-Therapie) wird reiner Sauerstoff bei erhöhtem Umgebungsdruck in einer Druckkammer eingeatmet. Der Sauerstoffgehalt im Blut erhöht sich, was zu einer besseren Sauerstoffversorgung im Körper führen soll. Auch dieses Verfahren wird Versicherten, die an Post-/Long-COVID erkrankt sind, als IGeL angeboten, um ihre Symptome zu lindern. Zur Frage nach Nutzen und Schaden dieses Verfahrens für Long-/Post-COVID-Erkrankte hat das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors eine Einzelstudie mit sehr kurzer Nachbeob­ach­tungszeit ermitteln können. Aus den Ergebnissen der Studie ließ sich jedoch kein Hinweis auf einen Nutzen der HBO-Therapie im Vergleich zu einer Scheinbehandlung ableiten. Der Aufenthalt in der Überdruck-Umgebung kann zu leichten Nebenwirkungen führen. Jedoch brach keine der an der Studie teilnehmenden Personen die Behandlung aufgrund der Nebenwirkungen ab. Insgesamt geben die Ergeb­nisse der Studie keine Hinweise auf mögliche Schäden der Behandlung. Es wurden zudem zwei aktuelle Studien mit längerer Beobachtungszeit gefunden, die noch nicht abgeschlossen sind. Bei der HBO-Therapie bei Long-/Post-COVID kann man also in absehbarer Zeit auf neue Ergebnisse hoffen.

Nach einer COVID-19-Erkrankung können längerfristig anhaltende oder neue körperliche und psychi­sche Beeinträchtigungen auftreten, die nicht anders erklärbar sind. Viele Betroffene berichten von Symptomen wie schnelle und schwerwiegende Erschöpfung (Fatigue), Kurzatmigkeit, Husten oder ei­ner beeinträchtigten Konzentrations- und Merkfähigkeit. Halten diese oder neu auftretende Be­schwer­den länger als vier Wochen nach Infektion an, spricht man von Long-COVID. Bei zwölf Wochen und mehr spricht man von Post-COVID. Es existiert weder eine eindeutige Diagnostik für diese Erkrankung noch eine spezifische Behandlung. Die therapeutischen Maßnahmen sind symptomorientiert.

Zur Bewertung der IGeL „H.E.L.P.-Apherese bei Long-/Post-COVID“.

Zur Bewertung der IGeL „Hyperbare Sauerstofftherapie bei Long-/Post-COVID“ im IGeL-Monitor.


Hintergrund:
 

Unter www.igel-monitor.de erhalten Versicherte evidenzbasierte Bewertungen zu sogenannten Selbstzahlerleistungen. Der IGeL-Monitor wird vom Medizinischen Dienst Bund betrieben. Träger sind die 15 Medizinischen Dienste in den Ländern. Der Medizinische Dienst Bund koordiniert die fachliche Arbeit, um die Begutachtung und Beratung nach bundesweit einheitlichen Kriterien sicherzustellen und vertritt die Interessen der Medizinischen Dienste auf Bundesebene. Der Medizinische Dienst Bund wurde zum 1. Januar 2022 als Rechtsnachfolger des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. ( MDS ) errichtet. Der MDS hatte den IGeL-Monitor initiiert und 2012 ins Leben gerufen.

Der IGeL-Monitor bietet aktuell Informationen zu 63 IGeL-Leistungen, bei 55 davon mit einer Bewertung:

  • positiv 0
  • tendenziell positiv 2
  • unklar 24
  • tendenziell negativ 25
  • negativ 4

Zwei der IGeL-Leistungen wurden zwischenzeitlich in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen. Sechs IGeL wurden nicht bewertet, sondern nur beschrieben (z.B. Reise-Impfungen, Atteste und Sportchecks).

Die IGeL-Bewertungen werden laufend erneuert und aktualisiert.


Pressekontakt:
 

Andreas Lange, Freier Journalist
Redakteur IGeL-Monitor
Mobil: +49 (171) 5329814
presse@igel-monitor.de